Tiefgang und Zeitgeist in Jenny Erpenbecks „Kairos“

„Kairos“ wurde für den International Booker Prize 2024 als Finalist nominiert [1]. Die Nominierung von Jenny Erpenbeck für diesen renommierten Preis hat Spekulationen darüber ausgelöst, dass sie möglicherweise auch den Nobelpreis gewinnen könnte [2]. Der International Booker Prize ist eine jährliche Auszeichnung, die an das beste in englischer Sprache übersetzte fiktionale Werk vergeben wird, und unterstreicht die Rolle der Übersetzer bei der Verbreitung von Literatur [4].

Erpenbeck genießt hohes Ansehen in literarischen Kreisen in den USA und im Vereinigten Königreich, was ihre Chancen auf den Gewinn des Nobelpreises in den nächsten fünf Jahren laut US- Literaturkritikern erhöht [3]. Sollte sie den International Booker Prize gewinnen, würden sie und der Übersetzer sich ein Preisgeld von 50.000 Pfund teilen [5].

Die Entscheidung über die sechs Finalisten des International Booker Prize fällt im April, und der Gewinner wird am 21. Mai in London bekannt gegeben [2] [7]. Erpenbeck wurde bereits 2018 für ihren Roman „Gehen, ging, gegangen“ für diesen Preis nominiert und ist dieses Jahr zum sechsten Mal nominiert [5] [6].

Die Jury lobte „Kairos“ für Erpenbecks Erzählfähigkeit und ihre exquisite Prosa, was ihre Stellung als eine der bedeutendsten lebenden deutschsprachigen Autorinnen in den USA festigt [3] [4].

Jenny Erpenbeck: Ein Kurzporträt

Jenny Erpenbeck wurde am 12. März 1967 in Ost-Berlin geboren und ist die Tochter des Physikers, Philosophen und Schriftstellers John Erpenbeck und der Arabisch-Übersetzerin Doris Kilias [8]. Nach dem Abschluss ihres Abiturs im Jahr 1985 absolvierte sie eine zweijährige Buchbinderlehre und arbeitete anschließend in Theatern als Requisiteurin und Garderobiere [9]. Ihre akademische Laufbahn führte sie zur Humboldt-Universität in Berlin, wo sie von 1988 bis 1990 Theaterwissenschaft studierte, gefolgt von einem Studium der Musiktheaterregie an der Hochschule für Musik Hanns Eisler in Berlin von 1991 bis 1996 [9].

Erpenbecks berufliche Karriere begann als Regisseurin an der Oper Graz von 1997 bis 1998 und setzte sich als freiberufliche Regisseurin an verschiedenen Theatern in Deutschland und Österreich fort [9]. Ihre literarische Karriere startete sie 1990, und ihr Debütroman „Geschichte vom alten Kind“ wurde 1999 veröffentlicht [9]. Zu ihren weiteren bedeutenden Werken zählen „Tand“ (2001), „Heimsuchung“ (2004), „Aller Tage Abend“ (2012) und „Kairos“ (2021) [9].

Erpenbeck hat mehrere prestigeträchtige Auszeichnungen erhalten, darunter den Ingeborg-Bachmann-Preis 2001, den Kleist-Preis 2007 und den Thomas-Mann-Preis 2017 [9]. Ihr Roman „Aller Tage Abend“ wurde 2012 für den Deutschen Buchpreis nominiert [9]. Zudem war sie von 2007 bis 2008 als Kolumnistin für die Frankfurter Allgemeine Zeitung tätig [9]. Heute lebt Jenny Erpenbeck mit ihrem Sohn in Berlin [9].

„Kairos“, ihr neuestes Werk, ist ein Roman, der im Ost-Berlin der späten 1980er und frühen 1990er Jahre angesiedelt ist [10]. Der Roman wurde vom Penguin Verlag in München veröffentlicht, umfasst 384 Seiten und kostet 22 Euro [10]. Erpenbeck hat in Interviews ihre Frustration darüber zum Ausdruck gebracht, international mehr gefeiert zu werden als in Deutschland [12]. Ihr Werk wurde in über 30 Sprachen übersetzt [7], was ihre Bedeutung als eine der führenden deutschen Autorinnen unterstreicht.

Der Kern von „Kairos“‘
Die Beziehung zwischen Katharina und Hans

  1. Ungleiches Paar: Der Roman „Kairos“ von Jenny Erpenbeck stellt eine ungleiche Beziehung zwischen Katharina, einer 19-jährigen Frau, und Hans, einem verheirateten Mann in seinen Fünfzigern, dar [15].
  2. Macht und Kontrolle: Die Altersunterschiede zwischen den beiden spielen eine entscheidende Rolle in der Dynamik ihrer Beziehung, insbesondere in Bezug auf Macht und Kontrolle [17].
  3. Stasi-Vergangenheit: Hans‘ Vergangenheit als Stasi-Informant belastet seine Beziehung zu Katharina und führt schließlich zum Zusammenbruch ihrer Beziehung [17].
  4. Opferbereitschaft: Katharinas Bereitschaft, ihre eigenen Wünsche und Bedürfnisse zu opfern, um die Beziehung aufrechtzuerhalten, wird als zentrales Thema im Roman behandelt [17].

Politische und persönliche Veränderungen

  1. DDR und Wiedervereinigung: Die Beziehung zwischen Katharina und Hans wird komplizierter durch die politischen Veränderungen in Ostdeutschland, einschließlich des Falls der Berliner Mauer und der Wiedervereinigung Deutschlands [1].
  2. Spiegel der Gesellschaft: Die Beziehung zwischen den beiden spiegelt die größeren gesellschaftlichen Veränderungen in Deutschland zu dieser Zeit wider [11].

Liebe und Macht

  1. Toxische Beziehung: Die Beziehung zwischen Katharina und Hans wird als toxisch beschrieben, mit einem Spiel der Machtverhältnisse, das sich durch Obsession und Gewalt auszeichnet [15].
  2. Liebesgeschichte im DDR-Kontext: „Kairos“ ist eine Liebesgeschichte, die im späten DDR (Deutsche Demokratische Republik) angesiedelt ist und Themen wie Liebe, Machtverhältnisse, Obsession und Gewalt in einer Beziehung erkundet [18].

Strukturelle und thematische Tiefe

1. Klassische Tragödie: Der Roman ist in fünf Teile gegliedert, mit einem Prolog und einem Epilog, und strukturiert nach dem Thema der fünfaktigen klassischen Tragödie [19]. 2. Kairos und Chronos: Erpenbeck erforscht die Beziehung zwischen Kairos und Chronos, der Personifikation der Zeit, in der narrativen Struktur des Romans [13].

Historische und kulturelle Verflechtungen

  1. DDR-Untergangsroman: „Kairos“ wird als DDR-Untergangsroman klassifiziert, der die Komplexitäten und Emotionen im Zusammenhang mit dem Ende der DDR und dem Ende einer Beziehung erforscht [21].
  2. Spiegelung historischer Ereignisse: Die Autorin webt subtil historische Ereignisse ein, wie den Aufstieg Gorbatschows, die Milliardenkredite von Honecker aus dem Westen und den Fall der Berliner Mauer [22].

Diese Aspekte verdeutlichen, wie tief „Kairos“ in die persönlichen und politischen Transformationen eingebettet ist, die während dieser Zeit stattfanden, und bieten einen Einblick in die psychologischen Auswirkungen der DDR, die tiefer gingen als die physischen Barrieren aus Stacheldraht und Selbstschussanlagen [22].

Charaktere und ihre Entwicklung

Hans W., der Protagonist, ist eine komplexe Figur, die die starren Bedingungen in der DDR kritisiert, während er gleichzeitig an sozialistischen Idealen festhält [11]. Er ist ein mittelalterlicher Schriftsteller und engagierter Sozialist, der Schwierigkeiten hat, sich an die Veränderungen anzupassen, die durch den Zusammenbruch der DDR verursacht wurden [16]. Hans repräsentiert das Paradoxon, die verknöcherten Bedingungen in der DDR zu kritisieren, während er an sozialistischen Idealen festhält [11].

Katharina, die zweite Hauptfigur, ist eine junge Kostüm- und Bühnenbildnerin, die die Hoffnung auf die Zukunft verkörpert und mit autobiografischen Zügen ähnlich der Autorin dargestellt wird [11]. Sie ist eine junge Studentin, die von ihrer ersten Reise nach Venedig zurückkehrt und Berlin als eine veränderte Stadt vorfindet [16]. Katharina repräsentiert die Hoffnung auf die Zukunft, die mit den Idealen der frühen DDR-Kultur aufgewachsen ist [11].

Die Beziehung zwischen Katharina und Hans wird als DDR-spezifisches Amour fou dargestellt, und die Stationen ihrer ersten Begegnung werden zu Leitmotiven im Roman [11]. Ihre Beziehung ist komplex und vielschichtig und spiegelt die Dynamik zwischen Ost- und Westdeutschland wider [11]. Die Beziehung wird durch Katharinas Bewunderung für Hans‘ Ideen und Erfahrungen charakterisiert. Als Katharina jedoch eine Nacht mit einem jüngeren Mann verbringt, manipuliert Hans ihre Schuldgefühle, um ihre Beziehung zu verlängern [23].

Die intensiven Liebesaffären zwischen Katharina und Hans werden durch den einzigartigen kulturellen und politischen Kontext der DDR beeinflusst [11]. Hans manipuliert Katharinas Schuldgefühle und untergräbt ihr Selbstwertgefühl, was männliche Machenschaften aufzeigt [23]. Katharina und Hans repräsentieren unterschiedliche Generationen mit unterschiedlichen historischen Erfahrungen, die die Schnittstelle von Vergangenheit und Zukunft in der Gegenwart verkörpern [13].

Der Zusammenbruch der DDR und das Ende der Liebesbeziehung werden als unvermeidlich dargestellt, und die Charaktere müssen die Herausforderungen eines Neuanfangs bewältigen [11].

DDR und Wiedervereinigung im Spiegel von ‚Kairos‘
Politischer Kontext und persönliche Erfahrungen

„Kairos“ setzt sich intensiv mit den politischen Veränderungen der späten DDR auseinander und spiegelt die Zeit des Mauerfalls und der deutschen Wiedervereinigung wider [15]. Jenny Erpenbeck, die selbst in der DDR aufgewachsen ist, webt ihre persönlichen Erfahrungen in die Erzählung ein, was dem Roman eine authentische Perspektive verleiht [15]. Die Geschichte spielt

Ende der 1980er und Anfang der 1990er Jahre, einer Zeit, die durch den Niedergang der DDR und die anschließende Wiedervereinigung Deutschlands geprägt war [24]. Dieser historische Hintergrund dient als Kulisse für die persönlichen Geschichten der Charaktere, die auch politische Themen wie die Vereinigung und die damit einhergehenden Veränderungen in Berlin beleuchten [17] [24].

Katharinas Kampf mit der neuen politischen Realität

Katharina, geboren und aufgewachsen in der DDR, erlebt die Wiedervereinigung als eine tiefgreifende Veränderung, die sie vor große Herausforderungen stellt. Ihre Schwierigkeiten, sich an das neue politische Klima anzupassen und ihre Entfremdung vom vereinigten Deutschland, werden im Roman detailliert dargestellt [17]. Ihre Erfahrungen reflektieren die Unsicherheiten und die Identitätskrise, die viele Ostdeutsche nach der Wende durchlebten.

Kulturelle Einblicke durch Milieustudien

Der Roman bietet auch eine tiefgehende Milieustudie, die Einblick in die etablierte Kulturszene der DDR gibt. Diese war weitgehend von den Repressionen des Regimes abgeschirmt [11]. Durch zahlreiche Anspielungen auf Heiner Müller, einen bedeutenden deutschen Dramatiker und Dichter der DDR-Zeit, verknüpft Erpenbeck die kulturellen mit den politischen Aspekten der Geschichte [11].

Stilisierte Darstellung und emotionale Welten

Obwohl „Kairos“ keine realistische Darstellung der DDR oder Moskaus bietet, inszeniert der Roman die emotionalen Welten und Erfahrungen der Charaktere auf eine stilisierte Weise [11]. Diese Herangehensweise ermöglicht es Erpenbeck, tiefgründige Fragen zur Idee der Wiedervereinigung als historischem ‚Glücksmoment‘ zu stellen und die Komplexitäten sowie Herausforderungen des Wiedervereinigungsprozesses zu erkunden.

Gesellschaftliche Veränderungen in Ost-Berlin

Der Roman gibt auch Einblicke in die gesellschaftlichen Veränderungen in Ost-Berlin während dieser Zeit, einschließlich des Falls der Berliner Mauer und der anschließenden Wiedervereinigung Deutschlands [1]. Diese Ereignisse bilden den Rahmen für die persönlichen und politischen Transformationen, die im Leben der Charaktere stattfinden.

Jenny Erpenbecks „Kairos“ ist somit eine tiefgreifende und fesselnde Erkundung der DDR-Kultur, die aus ihren persönlichen Erfahrungen schöpft und den Leser dazu einlädt, die kulturellen und politischen Veränderungen dieser Ära zu reflektieren [1].

Liebe und Macht

„Kairos“ von Jenny Erpenbeck ist nicht nur eine Liebesgeschichte, sondern auch eine tiefgreifende Erkundung der Dynamik von Liebe und Macht, eingebettet in die späten Jahre der DDR [16]. Die Beziehung zwischen Katharina und Hans, den Hauptfiguren des Romans, illustriert eindrucksvoll, wie persönliche Beziehungen durch das politische Klima eines repressiven Regimes geformt und oft verzerrt werden [16].

Liebe in einem repressiven Regime

Die Romanze zwischen Katharina, einer jungen Frau, und Hans, einem deutlich älteren Mann, wird kompliziert durch die Machtstrukturen, die ihre Welt umgeben. Hans, der in der Vergangenheit als Stasi-Informant tätig war, bringt eine dunkle Vergangenheit in die Beziehung ein, die nicht nur ihre Liebe beeinflusst, sondern auch die Art und Weise, wie Macht innerhalb ihrer Beziehung ausgeübt wird [16].

Macht und Kontrolle

Die Machtverhältnisse in der Beziehung zwischen Katharina und Hans sind ungleich verteilt. Hans nutzt seine Position und sein Wissen oft aus, um Einfluss auf Katharina auszuüben, was ein Spiegelbild der größeren politischen Unterdrückung in der DDR ist [16]. Diese Dynamik führt zu einer komplexen Beziehung, die von Manipulation und Kontrolle geprägt ist, wodurch die Liebesgeschichte eine dunkle Wendung nimmt.

Politik beeinflusst Persönliches

In „Kairos“ wird deutlich, wie stark die politischen Verhältnisse das persönliche Leben der Charaktere beeinflussen. Die repressive Natur der DDR hinterlässt ihre Spuren in den Beziehungen und zwingt die Charaktere, Entscheidungen zu treffen, die nicht nur ihre Beziehungen, sondern auch ihre persönliche Freiheit betreffen [16]. Dieser Aspekt des Romans zeigt, wie eng Liebe und Macht miteinander verwoben sein können, besonders unter extremen politischen Bedingungen.

Die Beziehung zwischen Katharina und Hans in „Kairos“ bietet somit eine tiefgehende Einsicht in die komplexen Wechselwirkungen zwischen Liebe und Macht, eingebettet in das politisch geladene Klima der DDR. Der Roman beleuchtet, wie externe Machtstrukturen interpersonelle Beziehungen prägen und oft dominieren können, was zu einer intensiven und oft schmerzhaften Erfahrung für die Beteiligten führt [16].

Sprache und Stil

Jenny Erpenbecks Schreibstil zeichnet sich durch eine präzise Aufmerksamkeit für Details aus und fängt die Atmosphäre Ost-Berlins während dieser Zeit eindrucksvoll ein [1]. Ihre Fähigkeit, die Stimmung und die Umgebung durch ihre Worte lebendig werden zu lassen, wurde von Kritikern besonders hervorgehoben [15].

Erpenbeck verwendet in ihrem Schreiben häufig szenische Denkweisen, was durch Tempoänderungen und auffallend rhythmische Textpassagen zum Ausdruck kommt. Diese stilistischen Merkmale zeigen ihre Affinität zur Musik und Oper, was ihren Texten eine besondere Dynamik verleiht [11].

Zusätzlich ist ihr Schreibstil subtil und nicht-diskursiv, was eine lebendige psychologische Darstellung der Charaktere ermöglicht. Dieser Ansatz trägt dazu bei, dass die Leserinnen und Leser eine tiefe Verbindung zu den Figuren aufbauen und deren emotionale Welten nachvollziehen können [23].

Diese Elemente ihres Schreibstils tragen dazu bei, dass „Kairos“ nicht nur als ein literarisches Werk, sondern auch als ein tiefgehendes psychologisches Porträt wahrgenommen wird, das die Leserschaft fesselt und zum Nachdenken anregt.

Stilmittel in Jenny Erpenbecks „Kairos“

  • Wiederholungen: Erpenbeck nutzt verschiedene Sätze wie „Sei jung, sagen die Toten“ und „Barbara heißt die Kellnerin im Arkade“, um bestimmte Aussagen zu betonen und ihre Bedeutung zu verstärken.
  • Paradoxien: In Aussagen wie „Die Wahrheit muss sehr gut gemacht sein, damit man sie glaubt“ verwendet Erpenbeck paradox wirkende Formulierungen, um die Komplexität von Wahrheit und Lüge zu verdeutlichen.
  • Fragen: Erpenbeck stellt viele Fragen in ihren Werken, darunter „Wie schlägt man jemanden, den man liebt?“ und „Wie lange dauert es, bis die Toten vergessen sind?“, um zur Reflexion und Selbstreflexion anzuregen.
  • Metaphern: Erpenbeck verwendet Metaphern wie „sich einkitschen“ und „In so einem Warten ist alles enthalten“, um komplexe Gefühle und Stimmungen zu beschreiben und dem Leser eine tiefere emotionale Verbindung zu ermöglichen.
  • Kontraste: Erpenbeck setzt bewusst Kontraste ein, um Spannungen und Konflikte in ihren Geschichten zu erzeugen und die Vielschichtigkeit des menschlichen Erlebens darzustellen.
  • Ironie: Die Autorin verwendet auch ironische Elemente, um Missverständnisse oder Widersprüche in bestimmten Situationen oder Handlungen aufzuzeigen und den Leser zum Nachdenken anzuregen.

Zitate

„Dies [Nazizeit!!] durchgehalten zu haben und dabei, abgesehen von Ausnahmen menschlicher Schwächen, anständig geblieben zu sein, das hat uns hart gemacht, und ist ein niemals geschriebenes und niemals zu schreibendes Ruhmesblatt unserer Geschichte.“ (Zitat von Heinrich Himmler)

„…wie das Ende seine Wurzeln erst unmerklich aber dann immer fester in die Gegenwart einsenkt.“

„Keine Erregung ist so groß, wie die über das was möglich wäre. […] Denn nur an dem, was man sich vorstellt fehlt nichts und ist kein Makel.“

„Erst jetzt, denkt Katarina, kennt sie ihn ganz, hat er sich ihr ausgeliefert oder sie sich ihm, oder fällt beides wenn die Liebe ernst gemeint ist, in eins?“

Wie kann man diese Gefühle in einer anderen Sprache zu Papier bringen, die so typisch deutsch, so typisch für Berlin sind?

“In so einem Warten ist alles enthalten. Alles denkbare Gute und alles denkbare Schlechte.”

“Wenn man alles wüsste was wahr ist, wenn man das Stumme auch hören könnte, und das was im Schatten steht sehen, hätte das Wünschen dann überhaupt noch einen Sinn?“

Jenny Erpenbeck stellt die richtigen Fragen! Fragen über Fragen, und zwar keine rhetorischen!

„Nur an den einzelnen Lebensgeschichten ließ sich ermessen, ob der Staub, aus dem Geschichte gemacht war, die Gestalt eines Anfangs trug oder die eines Endes.“

„Eindeutschung des deutschen Lebensraumes im Osten.“

„Wie lange andauert es bis die Toten vergessen sind.“ (27 Mio Opfer im Osten. 2 WK)

“Die Wahrheit muss sehr gut gemacht sein, damit man sie glaubt”

„Auch die Lüge muss gut gemacht sein, damit man sie glaubt.“

„Und warum werden nur Seelen der Osthälfte Deutschlands bis in ihre verborgenen Tiefen offengelegt? Warum wurde es nach der Nazizeit in ganz Deutschland nicht genauso gemacht?“

Kritischer Empfang und Rezensionen

„Kairos“ von Jenny Erpenbeck hat eine geteilte Resonanz unter den Kritikern erfahren. Einerseits wird der Roman für seine tiefgreifende Erkundung von Erinnerung, dem Kampf, eine vergangene Welt festzuhalten, und der einzigartigen Atmosphäre und Mentalität der Ostberliner Kulturszene gelobt [15]. Andererseits wird ihm vorgeworfen, er vernachlässige die Teile der Gesellschaft, die 1990 für die Allianz für Deutschland gestimmt haben [15].

Lob und Kritik

1. Positives Echo: Verschiedene Zeitungen wie Die Tageszeitung, Die Zeit, Frankfurter Allgemeine Zeitung, Süddeutsche Zeitung, Frankfurter Rundschau und Deutschlandfunk haben den Roman positiv rezensiert [15].

2. Kritische Stimmen: Einige Rezensenten haben jedoch die Charaktere als unsympathisch empfunden und die Dringlichkeit sowie Relevanz des Romans in Frage gestellt [15]. Bedeutung im deutschen Literaturkontext

„Kairos“ wird als bedeutendes Werk in der zeitgenössischen deutschen Literatur angesehen [11]. Dies unterstreicht die Anerkennung, die Erpenbeck für ihre nuancierte Darstellung der menschlichen Erfahrung während einer Zeit bedeutender politischer Veränderungen erhält [25].

Das Buch ist zu einem Bestseller geworden und wird für seine Erkundung von Liebe, Machtverhältnissen und politischen Veränderungen geschätzt, trotz der gemischten Kritiken, die es erhalten hat [15].

Das Bild der Ostberliner Kulturszene

Jenny Erpenbecks Roman „Kairos“ wird für seine Darstellung von Erinnerung, den Kampf um eine vergangene Welt festzuhalten, und die einzigartige Atmosphäre sowie Mentalität der Ostberliner Kulturszene gelobt [11]. Die Geschichte ist zwar fiktiv, beinhaltet jedoch Elemente der Realität, wie die Existenz historischer Figuren wie Heiner Müller, die tief in die kulturelle Textur des Romans eingewoben sind [11].

Hans‘ privilegierte Position in der Kulturszene

Hans, eine der Hauptfiguren des Romans, ist ein erfolgreicher Schriftsteller, der eine privilegierte Stellung in der Kulturszene Ost-Berlins einnimmt [16]. Diese Position ermöglicht es ihm, Einfluss auf die kulturelle Landschaft zu nehmen und spiegelt die Verflechtung von Macht und Kultur in dieser Ära wider.

Einfluss von Heiner Müller

Der Einfluss von Heiner Müller ist im Roman deutlich zu erkennen, wobei Hans einige von Müllers Charakteristiken und Philosophien verkörpert [11]. Dies zeigt, wie tiefgreifend Müller die kulturelle Szene beeinflusst hat und wie seine Ideen und Werke in den kulturellen Diskurs der DDR eingeflossen sind.

Unterschiedliche Atmosphären

Der Roman hebt die unterschiedlichen Atmosphären und Mentalitäten hervor, die in der Ostberliner Kulturszene im Vergleich zu westdeutschen Normen entstanden sind [11]. Diese Unterschiede sind nicht nur in den kulturellen Ausdrucksformen sichtbar, sondern auch in den sozialen Interaktionen und politischen Einstellungen, die in der Kunstszene der DDR vorherrschten.

Romantisierte Darstellung Moskaus

Interessanterweise stellt der Roman auch eine romantisierte Sicht auf Moskau während der Ära Gorbatschow dar, im Kontrast zur realistischeren Darstellung der DDR [11]. Diese Gegenüberstellung betont die unterschiedlichen politischen und kulturellen Realitäten, die in der Zeit des Kalten Krieges in Europa vorherrschten.

„Kairos“ ist somit nicht nur ein ästhetisch reichhaltiger Roman, sondern auch ein provokatives Werk, das Erpenbecks Talent für Erzählkunst und ihr tiefes Verständnis des historischen Kontextes zeigt [11]. Die Darstellung der Ostberliner Kulturszene bietet dabei einen faszinierenden Einblick in eine Welt, die von politischen Umwälzungen und kulturellem Wandel geprägt war.

Fazit und persönliche Bewertung

Jenny Erpenbecks „Kairos“ ist ein beeindruckendes literarisches Werk, das tiefe Einblicke in die Komplexität menschlicher Beziehungen vor dem Hintergrund eines umwälzenden historischen Moments bietet. Durch die meisterhafte Verschränkung von persönlichen Schicksalen mit den politischen Veränderungen der DDR und der Wiedervereinigung, hat Erpenbeck nicht nur einen Roman von großer emotionaler Tiefe geschaffen, sondern auch ein Stück Zeitgeschichte lebendig werden lassen. Ihr einzigartiger Schreibstil und die Fähigkeit, tiefgründige menschliche Erfahrungen einfühlsam zu erzählen, machen „Kairos“ zu einem unverzichtbaren Beitrag in der deutschen Literatur.

Die breitere Bedeutung dieses Werkes ließe sich kaum überschätzen, da es nicht nur zur Anerkennung und Bewahrung der komplexen Geschichte Deutschlands beiträgt, sondern auch die unveränderliche Kraft der Literatur demonstriert, die menschliche Seele zu berühren und zum Nachdenken anzuregen. In dieser Hinsicht eröffnet „Kairos“ Diskussionen über Liebe, Macht, Freiheit und die unausweichliche Veränderung in unseren Leben – Themen, die sowohl universell als auch ewig sind. Daher sollte jeder, der sich für deutsche Literatur auf höchstem Niveau interessiert, dieses Buch unbedingt lesen.

FAQs

Frage: Wer ist die Figur Hans in Jenny Erpenbecks „Kairos“?

Antwort: Hans ist eine Figur in Jenny Erpenbecks Roman „Kairos“, die sich durch ein Wechselspiel von Qual und Lust auszeichnet, ähnlich wie es in den Werken Heiner Müllers zu finden ist. Der Schriftsteller Hans weist Merkmale auf, die an eine Figur aus Heiner Müllers Schaffen erinnern.

Referenzen

[1] – https://www.buecher.de/artikel/buch/kairos/66343468/
[2] – https://www.berliner-zeitung.de/kultur-vergnuegen/literatur/berlinerin-auf-internationaler-buehne-jenny-erpenbeck-fuer-booker-prize-nominiert-li.2196425 [3] – https://www.sueddeutsche.de/kultur/jenny-erpenbeck-international-booker-prize-shortlist-1.6535213
[4] – https://presse.penguinrandomhouse.de/news/jenny-erpenbeck-auf-der-shortlist-des-international-booker-prize-2024
[5] – https://www.intellectures.de/2024/04/10/jenny-erpenbeck-fuer-international-booker-prize-nominiert/
[6] – https://www.zeit.de/kultur/literatur/2024-04/jenny-erpenbeck-schriftstellerin-literatur-biografie
[7] – https://presse.penguinrandomhouse.de/news/jenny-erpenbeck-fuer-den-international-booker-prize-2024-nominiert
[8] – https://de.wikipedia.org/wiki/Jenny_Erpenbeck
[9] – https://www.lovelybooks.de/autor/Jenny-Erpenbeck/
[10] – https://www.deutschlandfunk.de/jenny-erpenbeck-kairos-abgesang-auf-die-ddr-100.html
[11] – https://www.sueddeutsche.de/kultur/jenny-erpenbeck-ddr-kairos-roman-1.5396827
[12] – https://www.berliner-zeitung.de/kultur-vergnuegen/jenny-erpenbeck-interview-booker-preis-kairos-nobelpreis-ddr-russland-li.2211276
[13] – https://buechermenschen.de/interview/exklusiv-interviews/exklusiv-interview-mit-jenny-erpenbeck/
[14] – https://www.jokers.de/artikel/buch/kairos-/16003968/
[15] – https://www.perlentaucher.de/buch/jenny-erpenbeck/kairos.html
[16] – https://www.deutschlandfunkkultur.de/jenny-erpenbeck-kairos-die-suche-nach-wahrheit-100.html
[17] – https://www.swr.de/swrkultur/literatur/jenny-erpenbeck-kairos-100.html
[18] – https://zeichenundzeiten.com/2021/09/23/jenny-erpenbeck-kairos/
[19] – https://literaturkritik.de/erpenbeck-kairos,28310.html
[20] – https://www.nzz.ch/feuilleton/jenny-erpenbeck-erzaehlt-von-einer-toxischen-liebe-in-ostberlin-ld.1787077
[21] – https://www.fr.de/kultur/literatur/jenny-erpenbeck-kairos-das-ende-einer-liebe-und-eines-landes-90948562.html
[22] – https://taz.de/Roman-Kairos-von-Jenny-Erpenbeck/!5805530/
[23] – https://www.woz.ch/2143/jenny-erpenbeck/auch-picasso-hat-einmal-ein-17-jaehriges-maedchen-angesprochen
[24] – https://www.penguin.de/Buch/Kairos/Jenny-Erpenbeck/Penguin/e536755.rhd
[25] – https://www.kulturkaufhaus.de/de/detail/ISBN-9783328109341/Erpenbeck-Jenny/Kairos

And the Winner des Preises der Leipziger Buchmesse für Belletristik 2023 was: „UNSER DEUTSCHLANDMÄRCHEN“ von Dinçer Güçyeter

Es ist ein gutes Buch, mit einem sanften Ton, teilweise auch witzig und derb im Ausdruck. Liebevoll, poetisch. Im Grunde hat Dinçer Güçyeter seiner Mutter gehuldigt.

Gleichzeitig steht sie für die 1. Gastarbeitergeneration, die – soweit ich mich erinnern kann – nie wirklich eine aussagekräftige Stimme in Deutschland erhalten hat.

Ich bin zwar Italienerin der 3. Gastarbeitergeneration, konnte mich aber in vielen Aspekten erkennen, weil ich in diesem Milieu verkehrt habe und die Problematiken kenne, wenn nicht direkt von mir, dann von Freunden.

Ich, für meinen Teil, habe gut die Hälfte meines Lebens damit verbracht, mir eine Identität und Zugehörigkeit aufdrücken zu wollen, bis ich erkannt habe, dass es von Vorteil ist nirgendwo dazuzugehören: Es verleiht ungemeine Freiheit.

Lesen. Aus sprachlicher Sicht interessant (verschiedene Stimmen, Geschichten in Geschichten, Erzählperspekttiven), schlicht formuliert (auch eine Kunst!), mit einer poetischen Note.

Was ich lese.

Julia Schoch – Das Liebespaar des Jahrhunderts

Hier geht es nicht um eine Liebesgeschichte, hier geht es um eine Leidensgeschichte.

Was schreibt man über ein Buch, dessen Protagonistin man schwach und unsympathisch findet?

Oder hält uns Julia Schoch etwa den Spiegel vor?

Lesen. Weil man danach weiß, wer man ist bzw. wie man nicht ist und niemals enden will, auch – und gerade – nicht im Namen der Liebe.

– Ein Buch, das zeigt wie krank, schwach und einsam die menschliche Natur ist und wie sich Individuen an Gewohnheiten und vermeintliche Nähe klammern.

– Ein Buch, das Feigheit, Unehrlichkeit und das große Schweigen beschreibt und eigentlich keine Hoffnung auf anderes zulässt. Ein Buch über die Menschlichkeit.

Deshalb lesenswert, auch wenn es einem dabei den Magen umdreht.

Ich hoffe, die Gen Z und aufwärts kann mit Besserem und Interessanterem dienen, trotz dieser Elterngeneration.

Zu Julia Schochs Büchern:

Julia Schoch und ich werden keine Freunde. Das steht fest. Zu schwach und passiv ihre Charaktere, zu unsympathisch, zu ordinär.

Ich kann die Preise, die an diese Autorin gingen, dennoch nachvollziehen, denn es ist eine Kunst, sich – aus meiner Sicht – menschlicher Protagonisten zu bedienen, die einem (mir jedenfalls) widerstreben, über die man aber dennoch nachdenken sollte unvermeindlicherweise nachdenken muss. Genauso sehe ich es auch was die Sprache angeht: nichts Besonderes. Aber dennoch: unumgänglich.

„Die Kunst führt ihr eigenes Leben, jahreszeitenunabhängig.“ 

Was bei mir hängengeblieben ist: 

  • Eine Liebesgeschichte, die keine ist (egal, was die Medien erzählen). Die Protagonistin hat sich entschieden „an ihm zu Kleben“ und hat – auch nach jahrelangen Demütigungen – nie davon abgelassen.
  • Die Frage, ob Menschen aus Gewohnheit oder aus Zuneigung Beziehungen weiterführen, und nebenher noch ein Leben?
  • Was möchten Frauen mit ihrer Opferbereitschaft zeigen? Was stimmt nicht mit uns? Sind wir alle so? 
  • Gehört Liebe überhaupt zu Beziehungen oder ist „Liebe“ separat zu betrachten?
  • Beziehungen sind eine Art stille Abmachung, Verpflichtung, Gefangenschaft, Anhänglichkeit aus die es schwer ist, sich zu befreien – wenn man ein schwacher Mensch ist. Oder ist es ein Beweis der Stärke, wenn man bereit ist, zu leiden?
  • Hinnehmen. Alles. Das Kommen und Gehen, und nicht Fragen. Weil man weiß, dass die Wahrheit unerträglich ist und Konsequenzen nach sich ziehen müsste. Weil man weiß, dass der Schmerz des Schweigens tausendmal erträglicher ist als die schmerzende Wahrheit.
  • Irgendwie kann ich mir nicht vorstellen, dass viele Frauen sich mit der Protagonistin identifizieren können. Man atmet auf und denkt: „Nein, so bin ich nicht! Die Arme. Und: Er ist ein Arschloch.“

„Ist es mehr ein Verlust oder eine Befreiung wenn man nur noch von der Vergangenheit zusammengehalten wird?“

„Die Literatur beginnt immer dann wenn etwas zu Ende gegangen ist.“ Und das ist ein schöner Satz, wie auch die Ausführungen von Julia Schoch, wenn es ums Aufschreiben geht. Ich kann auch erst etwas aufschreiben, wenn ich damit abgeschlossen habe. Alles andere ist zu besonders, zu wertvoll, noch zu lebendig, um es in Sprache zu verwandeln und aus dem Inneren, im „Außen“ weiterleben zu lassen.

 

DER HEUTIGE TAG – HELGA SCHUBERT(ÜBER IHR LEBEN, DIE LIEBE…UND IHRE VARIATIONEN)

DER HEUTIGE TAG – EIN STUNDENBUCH DER LIEBE
VON HELGA SCHUBERT.

ÜBER DIESE 83-JÄHRIGE SCHRIFTSTELLERIN, DIE UNTER PSEUDONYM SCHREIBT, IST VIEL ZU WENIG GESAGT UND GESCHRIEBEN WORDEN. SIE HAT SICH ZUDEM AUCH ETWA 20 JAHRE AUS DEM „LITERATURBETRIEB“ ZURÜCKGEZOGEN, BIS SIE VOR 2 JAHREN DEN BACHMANNPREIS GEWANN. ES GIBT FÜR MICH SEHR WENIG LEBENDE DEUTSCHSPRACHIGE AUTOREN, DIE MASSGEBLICH SIND, UND HELGA SCHUBERT IST AUFGRUND IHRES RUHIG UND SACHLICH GEHALTENEN SPRACHSTILS EINE DER GANZ GROSSEN.
DIES VORAUSGESCHICKT: IN DIESER AUTOBIOGRAFIE GEHT ES UM LIEBE.
NICHT DIE 1. LIEBE, ES GEHT UM DIE 2. LIEBE NACH DER 1. EHE, DIE ABER LANGE HÄLT;
ES GEHT UM DERDEN (WIE ER IM BUCH GENANNT WIRD), „DER, DEN ICH LIEBE“. 
WIE ENTSTEHT LIEBE? WIE VERÄNDERT SIE SICH? WIE GEHT DIE ZU ENDE? WIE VERABSCHIEDET MAN SICH? WIE GEHT MAN MIT KRANKHEITEN UM? WER PFLEGT WEN? WER BRAUCHT WEN, UND WIE SCHNELL KANN SICH EIN LEBEN ÄNDERN?
ES GEHT UM KUNST, UM DAS SCHREIBEN, DEN ALLTAG UND BEISPIELE AUS DER NATUR ALS SINNBILDER FÜR WANDEL, DEN MAN AKZEPTIEREN MUSS, UND NICHT VERÄNDERN KANN. BEISPIELSWEISE DAS WIDERSPENSTIGE WACHSTUM VON BIRKEN (DIE ALS SYMBOL FÜR LIEBE GELTEN) ODER MONDPHASEN.

RÜHREND. PRÄZISE. UNSCHLEIMIG. KLUG, WIE DIE AUTORIN. WIE GERNE WÜRDE ICH DIESE FRAU EINMAL TREFFEN, BEI DER ES DARUM GEHT, ALLES „MIT LIEBE [ZU] SAGEN“. 
DERZEIT BLEIBEN MIR NOCH 2 IHRER BÜCHER, DIE ICH NOCH NICHT GELESEN HABE UND MIR ALS BESONDERE SCHÄTZE, GAR ALS „TROSTPFLASTER“ FÜR BESONDERE MOMENTE HÜTE.

Merry Christmas and a happy 2023!

 

𝘐 𝘸𝘰𝘶𝘭𝘥 𝘭𝘪𝘬𝘦 𝘵𝘰 𝘵𝘩𝘢𝘯𝘬 𝘮𝘺 𝘤𝘭𝘪𝘦𝘯𝘵𝘴 𝘧𝘰𝘳 𝘤𝘩𝘰𝘰𝘴𝘪𝘯𝘨 𝘮𝘦 𝘢𝘨𝘢𝘪𝘯 𝘢𝘯𝘥 𝘢𝘨𝘢𝘪𝘯, 𝘧𝘰𝘳 𝘪𝘮𝘱𝘭𝘦𝘮𝘦𝘯𝘵𝘪𝘯𝘨 𝘮𝘺 𝘱𝘳𝘰𝘱𝘰𝘴𝘢𝘭𝘴,

𝘢𝘯𝘥 𝘦𝘴𝘱𝘦𝘤𝘪𝘢𝘭𝘭𝘺 𝘧𝘰𝘳 𝘣𝘭𝘪𝘯𝘥𝘭𝘺 𝘵𝘳𝘶𝘴𝘵𝘪𝘯𝘨 𝘮𝘦 𝘸𝘩𝘦𝘯 𝘵𝘩𝘪𝘯𝘨𝘴 𝘩𝘢𝘷𝘦 𝘵𝘰 𝘮𝘰𝘷𝘦 𝘧𝘢𝘴𝘵.

𝘔𝘦𝘳𝘳𝘺 𝘊𝘩𝘳𝘪𝘴𝘵𝘮𝘢𝘴 𝘢𝘯𝘥 𝘢 𝘩𝘢𝘱𝘱𝘺 2023!

 

 

SUBTITLING – Dos and Don’ts

Errors to avoid when it comes to Subtitling

Hello Language Lovers,

Lately I am subtitling quite a lot and what mostly confuses me is the question whether or not to add the punctuation — especially commas — at the end of each video-image.

Instinctively, I think commas are not necessary, as we make a “reading break” anyway at the end of each image.

Are commas in subtitling redundant, or not?

What is your opinion about that?


Ps. Whilst I was wondering “how to do it the right way” I came across a post of @clearwordstranslations.global (http://clearwordstranslations.com/language/fr/7-major-subtitling-errors/)  listing main errors to avoid when subtitling.
I think the article recaps very well the crucial points. Thanks to my colleagues of Clear Words Translations.

My Reading List for Christmas 2022

Just finished, current reads and what’s next:

My Reading List for Christmas 2022

Hello Language Lovers,

Professionally, I was a bit absent, but I assure you that in between all the aperitifs and weekends, I worked like a busy bee on a diverse range of projects, covering everything from fashion to legal to tourism in Switzerland, and now also audiovisual lifestyle projects.

Basically, I didn’t have a minute of spare time and craved sleeping constantly.

Of course, I never stopped reading because it is my habit and possibly my most pleasurable drug, or my elixir for survival on this planet with now 8 billion people (and I only like a bunch of them).

I just finished the 600-something page book „Anéantir“ from one of my top European authors and intellectuals, Michel Houellebecq.

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If you haven’t read „A Houellebecq“ yet, I urge you to do so, but don’t start with his last book, Anéantir. On one side, it’s typical, but on the other, it’s too soft for what we are used to reading. Also, maybe it’s his most politically correct book, for so many reasons:

  • Does he make peace with Christendom?
  • Does he have cancer (because he smoked himself to death) and is he prepared to die?
  • What’s all about this suicide theme? That is quite new.
  • And how come he has regular sex with his regular partner (and seems to also like it)?

Of course, elderly women are discarded from his worldview. Every man has a second woman who is younger and more dedicated to him. This is quite boring, but is this what men really want and dream about? We should face that.

Then there’s politics, which is also tedious and only interesting from an observation standpoint. Maybe he just wants to put a mirror in front of us.

And there is death, death everywhere: sick people, normal people preparing to die, and the thought of suicide as a way out of problems.

If I didn’t love and admire him like a groupie, I’d say I’m glad he wrote a different (but similar) book, that his style and lexical choices – especially the adjectives – demonstrate such a sublime command of the French language in a way that touched me in this book as well.

He is a one-of-a-kind writer and avant-gardist, one of the last living intellectuals in Europe, but is he preparing to die? If yes, I would really like to meet him. If you’re reading this, Houellebecq, let’s get drunk together!

I have compiled a list of books that will keep me well occupied until Christmas and maybe into 2023. Feel free to get inspired.

Have a good time until we next speak in 2023!

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„Vom Aufstehen“ (in der unendlichen, eisigen Welt) – Helga Schubert

Das beste deutschsprachige Buch, das ich seit vielen Jahren gelesen habe.

Es gibt sehr viele Autoren, die sich mit der deutsch-deutschen Geschichte beschäftigen und dementsprechend eine Flut an einschlägigen Büchern – aber es gibt keinen Schriftsteller, der es bisher geschafft hat, eine Geschichte zu erzählen, sodass die Geschichte eines zweigeteilten Landes zu einer Art Bühnenbild wird. Dieser Aufbau ist genial.

Helga Schubert erzählt ihre Lebensgeschichte, und sie hat viel zu sagen. Ihre Formulierungen sind verständlich, schlicht, klassisch-edel. Die Sprache dient als Transportmittel von Inhalt (Form follows Function), als wirkendes Konstrukt.

Ich konnte das Buch nicht weglegen. Ein wahrer Schatz der deutschsprachigen Literatur, und genau deshalb wurde es 2021 mit dem Bachmann-Preis gewürdigt.

Ein Buch einer 80-jährigen Frau, in Einzelepisoden erzählt. Eine persönliche aber gleichzeitig deutsch-deutsche Geschichte. Die Geschichte einer außergewöhnlichen Frau, Psychologin, Widerstandskämpferin und begnadeten Erzählkünstlerin.

Vor 40 Jahren war Helga Schubert bereits für den Bachmann-Preis nominiert, aber sie „durfte“ damals nicht aus der DDR ausreisen. Sie war für viele weitere Preise nominiert, durfte/konnte sie aber als DDR-Schriftstellerin nicht annehmen. Sie schrieb weiter, und ich freue mich bereits auf das im September herauskommende neue Buch („Lauter Leben“) von ihr, denn am liebsten möchte ich nicht aufhören, Helga Schubert zu lesen.

Warum ist “Vom Aufstehen” ein MUST-READ?

  • Weil es einen hoch komplexen politisch-geschichtlichen Kontext auf schlichte Weise darlegt, en passant, weil es eine andere Geschichte in den Vordergrund stellt: Die Geschichte darüber, eine lieblose, kalte Mutter zu haben, die einen ein Leben lang spüren lässt, dass man ihrer Gnade wegen lebt.
  • Es ist die Geschichte vom Überleben, vom Aufstehen, Tag um Tag „in der unendlichen, eisigen Welt“, es geht um Ehe, Scheidung, erneute Ehe, Menschen und Geschehnisse, in einer Welt, in der man „die Tochter seiner Mutter“ ist – mal mit mehr mal mit weniger Kummer.
  • Es geht darum, 80 Jahre geduldig zu warten, bis man all dies aufschreiben kann.
  • Es geht um Diktaturen und darum, in und mit ihnen zu überleben.
  • Es geht darum, sein Schicksal anzunehmen, manchmal mit Mut, manchmal mit fatalistischer Haltung. Es geht aber auch darum, immer wieder, aufstehend, Widerstand zu leisten, im Kontext eines Regimes, in dem Helga Schubert von der Stasi überwacht wurde. Ihr wurde viel genommen. Uns beschenkt sie, heute dafür mit deutscher Literatur vom Allerfeinsten.
  • Es geht darum, sich so zu sehen, wie man ist, nicht wie man gerne sein möchte. Und es geht um Hoffnung und Trost, denn es ist immer jemand da, von dem man verstanden wird und Liebe erfährt. Helga Schubert spricht von der Gewissheit, dass es stets eine Lösung gibt, egal unter welchen Umständen man aufwächst. Und sie tut das ohne besserwisserisch zu sein, mit der Weisheit einer alten Frau.

„Alles gut“, so ihr letzter Satz.

L’ossessione di voler dare per forza un nome a tutto

Ultimamente mi capita spesso di riflettere sulla nostra ossessione di voler dare per forza un nome a tutto: questa è una guerra; no, non è una guerra, è un’invasione; costui è un criminale, quest’altro un guerrafondaio, ecc.

Sembriamo tutti così saccenti e arroganti, assieme ai giornalisti, che non ci aiutano a capire e a riflettere: sempliciotti e superficiali. Con i loro scritti che lasciano il tempo che trova. Mentre noi ci informiamo in rete, rivendicando di essere gli unici privilegiati ad aver trovato le fonti oneste, serie e veritiere.

Ragionando su questo mi è venuta in mente una poesia di Rainer Maria Rilke del 1899 („Ich fürchte mich so vor der Menschen Wort“), che ho tentato di interpretare in chiave contemporanea, facendola mia, con l’intento di condividerla con i più giovani, che magari in tutto questo macello degli ultimi anni non ci stanno capendo più nulla e stanno iniziando a perdere definitivamente la loro stima per noi “adulti”.

Voi, cosa ne pensate?

WORK-ETHICS or This is what drives me when it comes to Editing and Revision

𝔸 𝕝𝕒𝕣𝕘𝕖 𝕡𝕒𝕣𝕥 𝕠𝕗 𝕞𝕪 𝕨𝕠𝕣𝕜 𝕔𝕠𝕟𝕤𝕚𝕤𝕥𝕤 𝕚𝕟 𝕔𝕠𝕣𝕣𝕖𝕔𝕥𝕚𝕟𝕘 𝕠𝕣 𝕖𝕧𝕒𝕝𝕦𝕒𝕥𝕚𝕟𝕘 𝕠𝕥𝕙𝕖𝕣 𝕡𝕖𝕣𝕤𝕠𝕟𝕤 𝕥𝕖𝕩𝕥𝕤 𝕒𝕟𝕕 𝕥𝕣𝕒𝕟𝕤𝕝𝕒𝕥𝕚𝕠𝕟𝕤.
𝕀𝕟 𝕒𝕕𝕕𝕚𝕥𝕚𝕠𝕟 𝕥𝕠 𝕥𝕙𝕖 𝕜𝕟𝕠𝕨𝕝𝕖𝕕𝕘𝕖 𝕒𝕟𝕕 𝕔𝕠𝕞𝕡𝕖𝕥𝕖𝕟𝕔𝕖 𝕟𝕖𝕔𝕖𝕤𝕤𝕒𝕣𝕪 𝕥𝕠 𝕡𝕖𝕣𝕗𝕠𝕣𝕞 𝕥𝕙𝕚𝕤 𝕒𝕔𝕥𝕚𝕧𝕚𝕥𝕪, 𝕀 𝕙𝕒𝕧𝕖 𝕗𝕠𝕦𝕟𝕕 𝕠𝕧𝕖𝕣 𝕥𝕙𝕖 𝕪𝕖𝕒𝕣𝕤 𝕥𝕙𝕒𝕥 𝕚𝕥 𝕣𝕖𝕢𝕦𝕚𝕣𝕖𝕤 𝕒 𝕔𝕠𝕟𝕤𝕚𝕕𝕖𝕣𝕒𝕓𝕝𝕖 𝕒𝕞𝕠𝕦𝕟𝕥 𝕠𝕗 𝕙𝕦𝕞𝕚𝕝𝕚𝕥𝕪.
𝔹𝕪 𝕥𝕙𝕚𝕤 𝕀 𝕞𝕖𝕒𝕟 𝕥𝕙𝕖 “𝕞𝕠𝕕𝕖𝕤𝕥𝕪” 𝕚𝕟 𝕥𝕙𝕖 𝕤𝕖𝕟𝕤𝕖 𝕠𝕗 𝕣𝕖𝕤𝕥𝕣𝕒𝕚𝕟𝕚𝕟𝕘 𝕞𝕪 𝕖𝕘𝕠 𝕒𝕟𝕕 𝕤𝕙𝕠𝕨𝕚𝕟𝕘 𝕣𝕖𝕤𝕡𝕖𝕔𝕥 𝕗𝕠𝕣 𝕠𝕥𝕙𝕖𝕣 𝕡𝕖𝕠𝕡𝕝𝕖’𝕤 𝕨𝕠𝕣𝕜 𝕒𝕟𝕕 𝕤𝕥𝕪𝕝𝕖, 𝕒𝕝𝕠𝕟𝕘 𝕨𝕚𝕥𝕙 𝕥𝕙𝕖 𝕡𝕣𝕠𝕗𝕖𝕤𝕤𝕚𝕠𝕟𝕒𝕝𝕚𝕤𝕞 𝕥𝕠 𝕔𝕙𝕒𝕟𝕘𝕖 𝕠𝕟𝕝𝕪 𝕨𝕙𝕒𝕥 𝕚𝕤 𝕟𝕖𝕔𝕖𝕤𝕤𝕒𝕣𝕪 𝕤𝕠 𝕥𝕙𝕒𝕥 𝕥𝕙𝕖 𝕥𝕖𝕩𝕥 𝕕𝕠𝕖𝕤 𝕟𝕠𝕥 𝕤𝕠𝕦𝕟𝕕 𝕒𝕤 𝕚𝕗 𝕀 𝕙𝕒𝕕 𝕨𝕣𝕚𝕥𝕥𝕖𝕟 𝕚𝕥. 𝕋𝕙𝕖 𝕒𝕚𝕞 𝕚𝕤 𝕥𝕠 𝕚𝕞𝕡𝕣𝕠𝕧𝕖 𝕥𝕙𝕖 𝕠𝕣𝕚𝕘𝕚𝕟𝕒𝕝 𝕒𝕟𝕕 𝕝𝕖𝕥 𝕚𝕥 𝕤𝕙𝕚𝕟𝕖 𝕚𝕟 𝕚𝕥𝕤 𝕠𝕨𝕟 𝕝𝕚𝕘𝕙𝕥.
𝕀𝕟 𝕕𝕠𝕚𝕟𝕘 𝕤𝕠, 𝕚𝕥 𝕚𝕤 𝕗𝕦𝕟𝕕𝕒𝕞𝕖𝕟𝕥𝕒𝕝 𝕥𝕠 𝕜𝕖𝕖𝕡 𝕥𝕙𝕖 𝕖𝕒𝕘𝕖𝕣𝕟𝕖𝕤𝕤 𝕗𝕠𝕣 𝕣𝕖𝕔𝕠𝕘𝕟𝕚𝕥𝕚𝕠𝕟 𝕚𝕟 𝕔𝕙𝕖𝕔𝕜 𝕒𝕟𝕕 𝕗𝕠𝕔𝕦𝕤 𝕠𝕟 𝕒 𝕘𝕣𝕖𝕒𝕥𝕖𝕣 𝕨𝕙𝕠𝕝𝕖, 𝕟𝕒𝕞𝕖𝕝𝕪 𝕠𝕟 𝕥𝕙𝕖 𝕚𝕟𝕥𝕖𝕟𝕥𝕚𝕠𝕟 𝕒𝕟𝕕 𝕕𝕖𝕤𝕚𝕣𝕖𝕕 𝕖𝕗𝕗𝕖𝕔𝕥 𝕠𝕗 𝕥𝕙𝕖 𝕥𝕖𝕩𝕥 𝕠𝕟 𝕣𝕖𝕒𝕕𝕖𝕣𝕤, 𝕒𝕟𝕕 𝕦𝕝𝕥𝕚𝕞𝕒𝕥𝕖𝕝𝕪 𝕟𝕖𝕧𝕖𝕣 𝕝𝕠𝕤𝕚𝕟𝕘 𝕤𝕚𝕘𝕙𝕥 𝕠𝕗 𝕥𝕙𝕖 𝕗𝕒𝕔𝕥 𝕥𝕙𝕒𝕥 𝕀 𝕒𝕞  𝕨𝕠𝕣𝕜𝕚𝕟𝕘 “𝕗𝕠𝕣” 𝕒 𝕔𝕒𝕦𝕤𝕖 𝕒𝕟𝕕 𝕟𝕠𝕥 “𝕒𝕘𝕒𝕚𝕟𝕤𝕥” 𝕚𝕥.