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Worin liegt der Unterschied zwischen Menschen, die übersetzen und Menschen mit Sprachkenntnissen?

Hallo liebe Interessierte!

Endlich darf ich mich mal wieder um „etwas mit Finanzen“ kümmern. Ich übersetze die Inhalte einer Ausgaben-, Rechnungs- und Kreditkarten-App für kleine und mittelständische Betriebe aus dem Französischen ins Deutsche.

Aber worauf will ich hinaus?

Ich will darauf hinaus, dass viele Menschen denken, dass Übersetzer ein Blatt Papier bekommen mit einem Text, den sie dann „einfach“ in ihre Zielsprache übersetzen. Ohne Fragen zu stellen. Und das Ergebnis soll „perfekt“ sein.

Dem ist nicht so.

Achtung, liebe Kunden!

Wenn Sie einem Übersetzer einen Text schicken und dieser keinerlei Fragen hat, dann seien Sie auf der Hut!

Hat er Ihre Botschaft genau verstanden? Wen möchten Sie erreichen (Altersgruppe, Kulturkreise bzw. Länder)? Was ist Ihr Ziel? Und nicht zuletzt: wie möchten Sie in der Öffentlichkeit „rüberkommen“?

Haben Sie bereits Begriffe, die bei Ihnen im Betrieb feststehend sind? Wofür steht Ihr Unternehmen?

Wenn ein Übersetzer keine Fragen stellt, seien Sie sicher, dass ihr Text bei ihm nicht gut aufgehoben ist. Liegt diesem Profi wirklich etwas an Ihrem Unternehmen? Arbeitet er auch in Ihrem Sinne oder nur in seine Tasche?

Deshalb freuen sie sich, wenn Sie Rückfragen erhalten: das bedeutet, dass der Übersetzer Ihre Interessen und Ziele verfolgt.

Was mich angeht, so sind die Vorbereitungen eines neuen Projektes gleichbedeutend mit der eigentlichen Ausführung der Übersetzungstätigkeit selbst. In diesem konkreten Fall – der Übersetzung einer Anwendung – bedeutet das:

  • Ich schaue mir zuerst die Website des Kunden an;
  • Ich sehe mir das Endprodukt an, indem ich mich durch die gesamte App klicke und mich mit den Funktionalitäten vertraut mache;
  • Ich schaue auf den «Tone-of-Voice» und recherchiere, ob der Kunde bereits Texte in der Zielsprache veröffentlicht hat. Wenn diese von guter Qualität sind und eine korrekte und konsistente Terminologie verwenden, benutze ich dieselben Begriffe und erfinde nicht das Rad neu;
  • Ich signalisiere etwaige Diskrepanzen oder Probleme;

All das tue ich, und viele meiner Kollegen auch, und das hat rein gar nichts mit Sprachkenntnissen zu tun. Das hat etwas mit Arbeitspraxis, kognitiven Fähigkeiten und vorausschauendem Denken zu tun, und mit Liebe zu unserem Beruf.

Deshalb, liebe Kunden, suchen Sie sich einen Übersetzer, der Ihnen Fragen stellt!

 

Illustration: Sara Herranz

What is your unique selling point?

Did you happen to think about this?

As far as I am concerned, I never really did. I thought about my strength and weaknesses but not so much about what differentiates me from others.

I am not advocating the concept of working on your weaknesses when it comes to your profession. I rather encourage to concentrate on what you do best, because at the end this will make you happy and fulfilled. If you spend years to improve your weaknesses you miss the occasion to really use your talent(s) to the max, along with the downside that you will never be able to compete with someone who is really gifted. Therefore, use your strengths and build them up!

But what is your forte? And what is mine?

As you might know, I was in India lately. There, I met an Australian marketing expert that asked me what I do for a living. “I am a translator. I translate from English, French and Italian into German.” Then he surprised me by stating: “Well, that’s a lot of languages. Usually translators have 1 max. up to 2 source languages they work with.” I answered that I knew this and that I studied several other languages but I only had 4 working languages, in which I really feel comfortable and familiar, especially in my areas of specialization.

Then he stated with a smile: “Well, I guess that’s your unique selling point then!

I never thought about it that way. I was always justifying the amount of working languages with my working experience in several European Countries for more than a decade. Likewise, I am on the defensive when it comes to my bilingualism. I see the flaws rather than the advantages. But this is silly, isn’t it?

Besides what I received as a gift by being born and raised in a different country than my parent’s country, I never considered my 9 years Italian School one afternoon a week. Since my earliest childhood, I was browsing amongst the Italian children’s’ books and the encyclopedia that my parents had, not understanding a clue. Sometimes, I also forget to mention that I went to Law School in Italy (with unfortunate results), but in return I eagerly learned so much about the country, its history and people. Consequently, I have a strong background in law. Ultimately, I guess, that being bilingual, specialized in law, and working with 4 languages is my unique selling point.

If a client hires me, I can be a “3-in-one”. They do not need an English to German translator, a French to German translator or an Italian to German translator and point out the same things repeatedly. They hire me and are sure that the same style and tone of voice is kept consistently. This is a very strong skill that I use since years with my long-term clients (win-win-situation for both, client an me).

As an eclectic person, I am interested in an infinite number of topics and subjects, but, there was always, always, always one constant: My passion and love for foreign languages and cultures. Not only I learnt them, but I brought them to an active and, above all, passive level – the so called “Receptive language skills” – that includes listening and reading comprehension, which is vital for a translator.

And how about you? What is YOUR unique selling point?

What distinguishes you from your colleagues? Why is it difficult to copy you? Why is it advantageous and more convenient to hire you?

I would be happy if you share your story with me.

Illustration: Sara Herranz

Uebersetzer an die Macht

Übersetzer an die Macht!

Wann haben wir die Rolle, die wir in der „Sprachenindustrie“ ausüben, nicht mehr verstanden – oder anders gesagt: wo beginnt und endet der Aufgabenbereich eines Übersetzers?

Wer kennt das nicht, dass er nach getaner Arbeit die aus einem CAT-Tool extrahierte Übersetzung erneut formatieren muss, da die Insertion aus der Maschine das Format „zerrissen“ hat.

Wir – die als Übersetzer das Know-how haben, eine unter Umständen höchst komplexe Übersetzung fachgerecht auszuführen – akzeptieren einen Auftrag, indem wir ggf. Rabatt auf Wortwiederholungen und auf ähnliche, aber nicht identische Sätze (die sogenannten Fuzzy-Matches) gewähren. Wir akzeptieren es, auf unzähligen Plattformen mit den verschiedensten Software-Varianten eine Übersetzung auszuführen, weil es der „Sprachenindustrie“ so besser passt, und nicht, weil es unsere intellektuelle Arbeitstätigkeit wesentlich erleichtert. Wir willigen ein, denn wir Übersetzer sind fast alle neugierige Wesen, die darauf bedacht sind, neue Übersetzungsinstrumente und Terminologiedatenbanken zu testen, zu bewerten und sie in unserem Arbeitsalltag zu verwenden, sollten sie einen Mehrwert mit sich bringen.

Ferner, übersetzen wir, sezierend, an sogenannten Tags vorbei. Bei Tags handelt es sich um Kategorisierungen, d. h. sie sind eine Art Etikett, die das Übersetzungswerkzeug anbringt, um im Idealfall bei der Extraktion der Übersetzung z. B. Großbuchstaben, Fett- und Kursivschrift sowie Titel und Aufzählungen u.v.m. gemäß Original wieder in das Dokument einzufügen.

Nachdem dies vorausgeschickt ist, frage ich mich, wann wir uns während dieses Prozesses von uns selbst entfremdet haben und ob wir endlich wieder zur Besinnung kommen.

Was zählt bei unserer Profession: Die Sprache oder das Format? Ist es der korrekt übertragene Inhalt oder die Berichtigung der Tag-Issues in MT-Segmenten einer Datenbank, die nicht uns, sondern der „Sprachenindustrie“ gehört? Was ist von Relevanz, ob das Dokument, das wir liefern, in Inhalt und Form dem Original entspricht oder ob wir das Übersetzungswerkzeug angemessen gepflegt haben? Dafür gibt es Alignment- und CAT-Tool-Experten. Fast jeder Sprachendienst beschäftigt eine Person, die ausschließlich für die maschinellen Übersetzungswerkzeuge zuständig ist. Dafür benötigt man keinen Übersetzer, der womöglich noch in Astrophysik spezialisiert ist, es sei denn, die „Sprachenindustrie“ ist dazu bereit, uns entsprechend zu entlohnen. Ist sie das?

Wann genau haben wir unser Zepter der „Sprachenindustrie“ übergeben?

Bei einem Direktkunden gehört ein Rundum-Service meines Erachtens dazu. Aber Endkunden entlohnen einen Sprachenprofi gebührlich und wir sorgen im Gegenzug dafür, dass unsere Übersetzung den Kunden langfristig rundum zufrieden stellt.

Wissen ist Macht.

Wann haben wir Übersetzer vergessen, wer hier eigentlich das Wissen besitzt, um den Auftrag fertigzustellen?

Meist können nur wir beurteilen, warum eine Lösung angebracht ist und wann von einer anderen abzuraten ist. Wir kennen uns gründlich in unseren Fachgebieten aus, wir wissen meist ganz genau, warum wir uns für einen Begriff entschieden haben. Wir haben hierfür ein Studium absolviert und bilden uns ständig fort. Zudem sind wir stets auf dem neusten Stand im Hinblick auf Übersetzungstechnik und -werkzeuge.

Wir sind viel einflussreicher als wir glauben.

Ich bin davon überzeugt, dass es nicht gerechtfertigt ist, dass wir die Arbeit der „Sprachenindustrie“ übernehmen. Diese liefert uns zwar Großkonzerne und Institutionen als Kunden, aber müssen wir uns dafür aus Dankbarkeit gleich auf die Knie werfen?

Diese Industrie gäbe es nicht ohne uns, daher haben wir einen Verhandlungsspielraum, den wir ab jetzt wieder nutzen sollten.

Wir sollten unser Augenmerk einzig auf die inhaltliche Qualität der Übersetzung legen, denn hierfür werden wir bezahlt. Für zusätzliche Dienstleistungen wie DTP oder besondere Layout-Arbeiten sollten wir einen Aufpreis verlangen.

Wir sind das Herz und auch das Hirn (!) dieser „Sprachenindustrie“ und es ist an der Zeit, dies selbstbewusster zu kommunizieren. Also, worauf warten wir noch?

Übersetzer an die Macht!

 

Illustration: Libby VanderPloeg